Es war einmal... - kein Schnee von gestern
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Hier erfahren Sie mehr zur Geschichte des Musiktheaters an der Musikschule priMus Zeuthen
Die Inszenierung
In den letzten Jahren wurden mehrere Märchen durch die Musikschule priMus Zeuthen als Musiktheater neu inszeniert, z. B. Das Katzenhaus
oder Das Haus der Tiere
. Diesmal also Frau Holle
. Warum gerade dieses Märchen? Es ist ein Märchen, in dem kein Mensch ermordet, kein Tier gequält, kein Körperteil entfernt oder eine Machtposition erobert wird.
In diesem Märchen geht es um Kommunikation und die Einsicht eine Verantwortung für sich und andere zu haben. Gar nicht weit weg von unserer Welt und den wichtigen Fragen, die wir uns heute stellen.
Eine mediale Sprachlosigkeit eröffnet das Stück. So richten sich zunächst alle Blicke auf Bildschirme, denen man hinterher rennt und die einem die Sicht versperren, zum poppigen Beat von Werner Eggerath in enger Zusammenarbeit mit Frau Fuck. Im Getümmel der sogenannten „Nutzer“ entdeckt man die tragische Überforderung einer Witwe, die ihre leibliche und ihre Ziehtochter großziehen muss. Während die eine nur beschimpft wird ist die Misshandlung der anderen, die nichts ohne ihre Mutter tun darf, unübersehbar.
Über ihnen thront Frau Holle, die sich die Ziehtochter der Witwe herbei lockt und ihr drei Prüfungen auferlegt, um sie anschließend bei sich arbeiten zu lassen. Nach getaner Arbeit lässt sie das Mädchen wieder gehen und belohnt es für seine Lebenshaltung nie aufzugeben.
Aus Neid sendet die Witwe ihre leibliche Tochter zu Frau Holle und erwartet ihre ruhmreiche Rückkehr. Doch die so gar nicht in Arbeit und Haltung geübte Tochter scheitert an ihren Aufgaben und wird mit Pech überzogen zurück geschickt.
Das Exempel bringt die Erkenntnis, dass niemand zu seinem Glück finden oder die Welt besser machen kann, der sich Herausforderungen verweigert und aus allem heraushält. Märchen sind alte und überlebte Texte? Ganz im Gegenteil. Sie beinhalten noch heute Werte und – man mag es kaum aussprechen – Wahrheiten über uns Menschen.
Das verbindende Element der Figuren ist in der Inszenierung von Werner Eggerath die Musik. So singt sich Goldmarie in ihrem traurigen Leben den Lebensmut herbei und besteht die Aufgaben in Frau Holles Welt durch Musik. Dabei wird die unser Leben so stark prägende Technik nicht verteufelt, stellt sie doch einen zentralen Kern der Musik dar.
Dieses Projekt des Fördervereins der Musikschule priMus Zeuthen e. V. mit jungen Menschen im Alter von 9 bis 19 Jahren zeigt, dass das Märchen von Frau Holle kein Schnee von gestern ist.
Die Erarbeitung
In diesem Projekt gab es mehrere Neuerungen zu den früher aufgeführten Musiktheater-Stücken.
Zum ersten Mal wurde diesmal - unter der bewährten Regie von Werner Eggerath - mit den beiden Kursen getrennt ein gemeinsames Stück erarbeitet. Die Arbeit konnte sich dadurch stärker auf einzelne Vorgänge konzentrieren, doch es fiel den Teilnehmern manchmal schwer zu verstehen und sich vorzustellen, welches Gesamtbild sich aus dem gemeinsamen Agieren mit der jeweils anderen Gruppe ergeben soll, wie die separat erarbeiteten Teile zueinander passen sollen. Manchmal gab es erst bei den ersten gemeinsamen Proben das berühmte Aha-Erlebnis
.
Eine weitere Neuerung war die schuljahresübergreifende Erarbeitungszeit. Die Proben begannen im Februar / März 2019 mit den Jüngeren ca. alle zwei Wochen und mit den Älteren in Form von monatlichen Workshops. Das Ziel der Arbeit, die Aufführungen, lag von Anfang an im nächsten Schuljahr. Eine lange Zeit, für die alle Kinder und Jugendlichen einen langen Atem benötigten. Andererseits gab dieser Rahmen ihnen aber auch Zeit sich länger und dadurch nachhaltiger mit dem Stoff des Stücks und der Ausdrucksweise auf der Bühne zu beschäftigen.
Auch die Art und Weise, in der das Stück erarbeitet wurde, war für die meisten Teilnehmer neu. Zunächst wurde nur eine Grobstruktur der Handlung in 7 Bildern und Teile der Musik, um den Charakter der Musik zu belegen, zur Verfügung gestellt. Ansonsten setzte die Erarbeitung einen großen Spielwillen und die Lust am Experimentieren voraus. Ein Mitdenken war gefragt, um den Umgang mit Medien – die Vorzüge und Gefahren – verstehen zu lernen und daraus einen Ausdruck für das Verhältnis zwischen Nutzer und Computer bzw. andere Medien zu entwickeln. So entstand das Stück Schritt für Schritt ohne ein von Anfang an fertiges Libretto, das vieles vorbestimmt und in gewisser Weise Sicherheit gibt.
Unter der Spielleitung der Regieassistentin Helene Sonntag konnte viel mehr Theaterpädagogik in die Erarbeitung eingebracht werden. Aus Spielen und Übungen resultierten die einzelnen Vorgänge auf der Bühne. Die Teilnehmer mussten in dieser Phase sprachlos bleiben und konnten sich nicht hinter Worten verstecken. Somit kam es zu einer deutlich stärkeren Auseinandersetzung mit den auf der Bühne behandelten Themen, zu einer stärkeren Körperlichkeit des Spiels.
Die Musik
Die Musik zum Projekt Frau Holle
entstand wie das Vorgängerprojekt Die Schulstunde
in enger Zusammenarbeit von Werner Eggerath mit Adolfina Fuck. Das erklärte Ziel der Zusammenarbeit war, eine Musik zu entwickeln, die märchenhaft, eingängig, aber nicht banal ist. Die Komposition lieferte Werner Eggerath, um die elektronische Bearbeitung, die Entwicklung des fertigen Sounds kümmerte sich Frau Fuck.
Die musikalische Entstehung des Stücks teilte sich in zwei sich mehrmals wiederholende Phasen auf. Zunächst notierte Werner Eggerath Motive und Melodien für eine Szene in klassischer Form für Gesang, Glockenspiel, Harfe, Geige, Klavier, Cello, Kontrabass, Snare-Drum und Pauke. Er gab der entstandenen Musik die Struktur, setzte die Noten und den Ablauf fest.
Im nächsten Schritt trafen sich die Musiker Eggerath und Fuck, um einen für die jeweilige Szene und Stimmung angemessenen elektronischen Klang zu entwickeln. Spätestens hier begann die wichtige Produktionsarbeit von Frau Fuck, die Mischung der Musik, die technische Varianz (Loops, Pitch, Atmosphäre), das Sampeln und Rendern.
War die Musik fertig, wurde damit geprobt und die Musik an szenische Entwicklungen und Veränderungen angepasst. Dieser Kreislauf wiederholte sich, bis alle 14 Musikstücke fertig gestellt waren. Neben einem Sprechchor und drei Chorliedern gibt es ein Terzett und mehrere Lieder, aber auch live gespielte Violine.
Der Prozess der Entstehung der Musik ist zugleich ein Teil der Geschichte von Frau Holle, denn die Grundlage für diese Musik ist erst einmal nichts weiter als eine Notation und damit virtuell. Erst die Umsetzung macht sie zu etwas Realem, das die Menschen teilen können. Da es sich um elektronische Musik handelt, die unerschöpfliche Möglichkeiten der Klanggestaltung bietet, musste sich das musikalische Team einerseits beschränken, andererseits aber zugleich die Vielfalt ausloten.
Musiktheater bei priMus - nichts Neues
Musiktheater gibt es an der Musikschule priMus Zeuthen schon von Anfang an, also seit ca. 2003. Bis zur Erarbeitung von Mozarts Zauberflöte bestand die Musiktheater-Arbeit an der Musikschule immer aus einzelnen Projekten. Nach den Zauberflöte-Aufführungen 2014 wurde ein dauerhafter Musiktheater-Kurs eingerichtet, der in jedem Schuljahr mindestens ein Musiktheater-Stück erarbeitet und aufgeführt hat. So zum Beispiel Das Katzenhaus
2015 und 2018 oder Das Haus der Tiere
2016. Seit 2017 gibt es sogar zwei Musiktheater-Kurse – einer für Teilnehmer von 9 bis 12 Jahren und einer für ältere Teilnehmer.
Größere Projekte, z. B. die Erarbeitung der Oper „Der Freischütz“, wurden vom Förderverein begleitet und finanziert. So auch das Projekt Frau Holle
. Derart umfangreiche Projekte können sich nicht ausschließlich aus Teilnehmerbeiträgen und mit dem Engagement der Musikschule priMus Zeuthen tragen, sie sind nur mit Fördermitteln und Spenden realisierbar. Deshalb sind wir sehr froh, dass auch das Projekt Frau Holle
von mehreren Seiten (siehe auch rechte Spalte) unterstützt wird. Die beiden Stiftungen haben Fördermittel zur Verfügung gestellt, die Gemeinde Zeuthen, speziell der Bürgermeister Sven Herzberger, unterstützt durch Erlass der Miete für einen Probentag und das komplette Aufführungswochenende.